Elisabeth Nubbemeyer lebt in Münster und arbeitet in der Feldmark. Die Juristin leitet seit 2016 die JVA mit über 600 Inhaftierten.

In die Wiege gelegt wurde ihr die Juristerei nicht. Es war der Rechtskundeunterricht in der Schule, den Elisabeth Nubbemeyer (54) so spannend fand. „Das hat mich absolut angesprochen“, erinnert sich die Leiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) Gelsenkirchen. Aufgewachsen ist sie in der kleinen Stadt Delbrück bei Paderborn, ging nach dem Abitur zum Studium nach Münster.

Um diese frühe Uhrzeit ist die Piste noch frei

Dort lebt sie heute immer noch, ist dadurch zwangsweise zur Frühaufsteherin geworden. Um 5 Uhr ist Schluss mit Schlafen, denn schon kurz vor 7 Uhr sitzt sie an ihrem Schreibtisch in Gelsenkirchen. Um diese frühe Uhrzeit ist die Piste noch frei, kein Stau. Dann fängt ein langer Arbeitstag an, dessen Stunden sie lieber nicht zählen möchte.

Nach ihrem Studium musste sie sich entscheiden, in welchem Bereich sie arbeiten wollte. Das Pendel zwischen Staatsanwaltschaft und Justiz schlug zur Gefängnisseite aus. „Ich hab die Entscheidung bis heute nie bereut“, sagt sie. Im höheren Dienst durchlief sie dann, wie vorgeschrieben, sowohl das Gefängnis als auch das Ministerium, um das Zusammenspiel beider Seiten kennenzulernen. Die Vielseitigkeit in dem Beruf sei es, die sie so zufrieden macht. Vor ihrem Wechsel leitete Nubbemeyer ab 2011 die JVA Hamm.

Anstalt ist deutlich überbelegt

Auf der einen Seite muss sie dafür sorgen, dass der „Laden“ rund läuft, die Mitarbeiter zusammenhalten, organisieren, Gespräche mit Abteilungsleitern führen, auf der anderen Seite ist ihr der direkte Kontakt mit den Gefangenen wichtig. In einer Glasglocke sitzen und die Probleme der Basis nicht kennen, das ist nicht ihr Ding. Häufig geht sie durch die einzelnen Abteilungen und hört sich an, was die Gefangenen auf dem Herzen haben.

Sie ist nicht streng, aber konsequent. „Wenn beispielsweise ein Gefangener mit einem Handy erwischt wird, die sind in der JVA nicht erlaubt, dann wird in der Regel Arrest verhängt“, sagt Elisabeth Nubbemeyer. Das bedeutet: Einzelzelle und ein Buch sind erlaubt, Fernsehen und Freizeitunterhaltung gestrichen. Eine Freistunde muss gesetzlich gewährt werden. „Dann hört es auch schon auf.“

Einen Knast ohne Drogen gibt es nicht

Bei Drogenkonsum gibt es wegen des Suchtpotentials meist eine Verwarnung, erst im Wiederholungsfall greifen dann härtere Maßnahmen. Drogen im Knast? „Es gibt keine JVA, in der es nicht auch Drogen gibt“, sagt die Anstaltsleiterin. Obwohl die Hafträume von den Bediensteten auf Drogen untersucht werden, beschaffen sich die Gefangenen immer wieder Stoff. Aber außer mit Insassen gibt es noch eine Reihe anderer Probleme, um die sich die 54-Jährige kümmern muss. Am Stichtag 2. Oktober war die JVA überbelegt – fast der Normalzustand. 617 Plätze gibt es, 643 Gefangene mussten an dem Tag untergebracht werden.

Mann ist Richter beim Oberlandesgericht in Hamm

Ein Problem sei es auch, dass es keine gewachsenen Strukturen gebe. Immer wieder wurden Bereiche neu organisiert. 19 Jahre ist die Anstalt erst alt, und hat jetzt bereits die fünfte Leitung. Auch bei den fast 300 Bediensteten habe es eine enorme Fluktuation gegeben. „So was ist nie gut für einen Betrieb. Ich möchte, dass hier ein positiver Geist weht, dass sich die Kollegen auch dienstübergreifend helfen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Ich habe bereits viele engagierte Bedienstete, aber es läuft noch nicht rund“, räumt die Leiterin ein.

Kann es auch kaum, denn sie hat erst im Mai 2016 die Leitung übernommen. Grundsätzlich setzt sie bei Konflikten auf Deeskalation – in jedem Bereich. Regelmäßig werden auch die JVA-Mitarbeiter in diesem Sinne geschult. An ihre beiden Kinder hat sie die Leidenschaft für Jura nicht weitergegeben. „Die sind 22 und 24 Jahre alt und machen beide etwas anders.“ Dafür hat sie aber in ihrem Mann einen Juristenpartner, mit dem sie fachsimpeln kann, wenn es nötig ist. Denn er ist Richter beim Oberlandesgericht in Hamm.

Dünen und weiter Sandstrand

Als Ausgleich für den Beruf setzt die zierliche 54-Jährige auf körperliche Fitness. Joggen gehört dazu und Wandern im Urlaub. Der Blick auf das große Bild in ihrem Arbeitszimmer – Dünen und weiter Sandstrand – sagt aber auch aus, dass sie genauso am Meer die Seele baumeln lassen kann.