Im geschlossenen Frauenvollzug las Harald Schmidt aus einem seiner Werke vor. Die Stimmung war locker und heiter. Es folgte eine ausgelassene Diskussion mit vielen Fragen.

GE. Was für den einen die bittere Realität ist, wird für den anderen zu spannender Fiktion. In der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen treffen Krimiautoren und Inhaftierte oftmals aufeinander. Es ist nämlich keine Seltenheit, dass vor Ort Lesungen mit bekannten Schriftstellern organisiert werden.

Fitzek und Fielding waren auch schon da

Etwa vier bis fünf Mal im Jahr wird dazu eingeladen. „Wir durften sogar schon Autoren wie Joy Fielding und Sebastian Fitzek bei uns begrüßen. Da sind natürlich nicht nur die Inhaftierten aus dem Häuschen, sondern auch der ein oder andere Mitarbeiter“, berichtet Michael Overkamp von der JVA-Pressestelle.

Dieses Mal hatte Harald Schmidt die Ehre und durfte im geschlossenen Frauenvollzug aus seiner Krimikomödie „Auch Entführen will gelernt sein“ vorlesen. Das Buch handelt von drei Kleinganoven mit Geldproblemen, die eine Entführung planen. Allerdings geht diese gewaltig schief, denn die tollpatschigen Gauner haben nicht mit der furchtlosen Rita Richter gerechnet, die sich ihnen in den Weg stellt. Der Roman ist mit viel Ruhrpott-Dialekt und vulgärer Sprache gespickt, was während der Lesung viele laute Lacher im Publikum auslöste. Und auch insgesamt war die Stimmung sehr heiter und ausgelassen.

Eigentlich war der gebürtige Essener, der bereits 17 Bücher geschrieben hat, nur zur Recherche für sein nächstes Werk im Gefängnis. „Mit der Lesung wollte ich mich einfach nochmal bei der Anstalt bedanken“, so Schmidt. Von den knapp 140 Insassinnen haben sich acht Damen für die Veranstaltung angemeldet, es war eine intime Runde in der kleinen Frauenkapelle der JVA. Das tat der Stimmung allerdings keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Frauen hingen gebannt an Schmidts Lippen und stellten im Anschluss viele Fragen, um mehr über den Schreibprozess und den Autoren zu erfahren.

Pseudonym musste her

Der gelernte Schriftsetzer plauderte natürlich gerne aus dem Nähkästchen. So erzählte er beispielsweise, dass er erst seit seinem Ruhestand Zeit gefunden hat, Romane zu schreiben. Obwohl er an diesem Abend aus einer Komödie gelesen hat, schreibt Schmidt hauptsächlich Krimis und beschäftigt sich darin mit den grausamen Tiefen der menschlichen Psyche. Sein Name wurde ihm daher oft schon zum Verhängnis.

„Wenn die Leute Harald Schmidt lesen, dann denken die natürlich nicht sofort an knallharte Thriller, sondern an den gleichnamigen Kabarettisten“, so der 70-Jährige. Es musste also ein Pseudonym her. Seit 2017 veröffentlicht er seine Krimis nun unter H. C. Scherf. „Kaum hatte ich den Namen geändert, haben sich die Bücher auf einmal viel besser verkauft“, lacht Schmidt. Unter seinem richtigen Namen erscheinen nun bloß noch die humorvollen Titel.

Zum Schluss gab es für die Teilnehmerinnen dann noch eine besondere Überraschung. Schmidt hatte für jede von ihnen eine Ausgabe seines Debütromans „Das Glück kennt kein Erbarmen“ als Abschiedsgeschenk dabei. Selbstverständlich nahm sich der Schriftsteller auch die Zeit, jedes Buch individuell zu signieren. Da war die Freude unter den Frauen natürlich besonders groß und am Ende waren sich alle einig, dass dies ein gelungener Abend war.